Mo. bis Fr. 9 - 18 Uhr
040 / 87508628

Was ist Migräne? Eine neurologische Herausforderung mit vielen Gesichtern

Migräne ist eine komplexe neurologische Erkrankung, die weit mehr ist als bloßer Kopfschmerz. Sie zählt laut WHO zu den zehn am stärksten behindernden Krankheiten weltweit. In Deutschland sind etwa 10 bis 12 Millionen Menschen betroffen – viele davon ohne korrekte Diagnose. Migräne ist gekennzeichnet durch anfallsartige, oft einseitige Kopfschmerzen, die mit einer Vielzahl weiterer Symptome einhergehen. Diese reichen von Übelkeit und Lichtempfindlichkeit bis hin zu neurologischen Ausfällen bei sogenannten Migräne-Auren.

Das Besondere an Migräne: Sie entsteht nicht durch äußere Verletzungen oder dauerhafte Schäden, sondern durch eine funktionelle Störung der Reizverarbeitung im Gehirn. Dabei kommt es zu einer Übererregbarkeit bestimmter Hirnregionen, insbesondere im Hirnstamm und in der Großhirnrinde. Auch Entzündungsprozesse entlang der Hirngefäße und eine gestörte Regulation von Botenstoffen wie Serotonin spielen eine zentrale Rolle. Diese Erkenntnisse zeigen: Migräne ist kein „eingebildeter“ Schmerz, sondern eine ernstzunehmende Störung der neurologischen Steuerung.

Typische Symptome – so äußert sich Migräne im Alltag

Das Beschwerdebild bei Migräne ist vielseitig. Die Kopfschmerzen treten meist halbseitig auf, pulsieren oder pochen intensiv und werden bei Bewegung oder körperlicher Aktivität verstärkt. Hinzu kommen oft vegetative Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu (Photophobie) und Lärmempfindlichkeit (Phonophobie). Viele Betroffene berichten außerdem von Reizbarkeit, Konzentrationsproblemen oder einem starken Rückzugsbedürfnis.

Bei etwa 10 bis 20 Prozent der Patientinnen und Patienten treten sogenannte Migräne-Auren auf. Diese neurologischen Vorboten äußern sich in Form von Flimmern vor den Augen, Sehstörungen, Sprachfindungsstörungen oder Gefühlsstörungen wie Kribbeln in Gesicht oder Armen. Eine Aura dauert meist 20 bis 60 Minuten und geht dem eigentlichen Kopfschmerz voraus. Es gibt jedoch auch Migräne mit Aura ohne Kopfschmerz – eine Form, die häufig übersehen wird.

Besonders tückisch: Der Verlauf ist von Person zu Person verschieden. Manche leiden nur wenige Male pro Jahr unter Migräne, andere erleben wöchentliche Attacken. Die Schmerzen können zwischen vier Stunden und drei Tagen andauern – was sie im Berufs- und Privatleben zu einer erheblichen Einschränkung macht.

Auslöser und Ursachen – was Migräne aus dem Gleichgewicht bringt

Die Entstehung von Migräne ist multifaktoriell. Die Veranlagung zur Migräne wird häufig vererbt – über 70 Prozent der Migränepatienten haben enge Verwandte mit ähnlichen Beschwerden. Allerdings spielen auch Umweltfaktoren, Lebensstil und körperliche Regulationsprozesse eine entscheidende Rolle.

Zu den häufigsten Auslösern zählen hormonelle Schwankungen, Schlafmangel, Stress, bestimmte Nahrungsmittel sowie Reizüberflutung. Besonders der Wechsel zwischen Anspannung und plötzlicher Entspannung – etwa am Wochenende oder im Urlaub – kann eine Migräne auslösen, da das vegetative Nervensystem nicht schnell genug umschalten kann. Auch Wetterveränderungen, starke Gerüche, Alkoholkonsum (vor allem Rotwein), Dehydration und Blutzuckerschwankungen zählen zu den typischen Triggern.

Moderne Forschung zeigt, dass bei Migräne eine Dysbalance in der Verarbeitung sensorischer Reize vorliegt. Betroffene reagieren empfindlicher auf Licht, Geräusche oder Gerüche – lange bevor der Kopfschmerz einsetzt. Inzwischen wird auch diskutiert, ob Migräne in gewisser Weise ein Schutzmechanismus des Gehirns darstellt, das sich in Form eines Anfalls selbst „herunterfährt“, um einer dauerhaften Überlastung zu entgehen.

Typische Symptome – so äußert sich Migräne

Die Symptome einer Migräne sind individuell unterschiedlich. In der Praxis zeigt sich oft ein wiederkehrendes Muster:

  • Pulsierende oder pochende Kopfschmerzen (häufig einseitig)
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Lichtempfindlichkeit (Photophobie)
  • Geräuschempfindlichkeit (Phonophobie)
  • Verstärkung der Schmerzen bei körperlicher Aktivität
  • Aura-Symptome (bei ca. 10–20 % der Betroffenen): Sehstörungen, Flimmern, Sprachprobleme, Kribbeln

Dauer: 4 bis 72 Stunden
Häufigkeit: zwischen einmal im Monat bis mehrmals pro Woche

Auslöser und Ursachen – was Migräne „triggert“

Die Ursachen der Migräne sind multifaktoriell – genetische Veranlagung, hormonelle Schwankungen, Umweltfaktoren und Lebensstil beeinflussen das Entstehen der Anfälle.

Typische Triggerfaktoren:

KategorieBeispiele
HormoneZyklus, Eisprung, Pille, Wechseljahre
ErnährungAlkohol, Koffeinentzug, unregelmäßige Mahlzeiten, Schokolade, Käse
StressAnspannung → Entspannungs-Migräne (z. B. am Wochenende)
Reizüberflutunggrelles Licht, Lärm, Bildschirmarbeit
SchlafmusterSchlafmangel, zu viel Schlaf, Jetlag
WetterumschwüngeLuftdruckveränderungen, Hitze, Kältefronten

👉 Tipp: Führe ein Migräne-Tagebuch, um deine persönlichen Auslöser zu identifizieren.

Konventionelle Behandlung – Stärken und Grenzen der Schulmedizin

In der klassischen Medizin unterscheidet man zwischen Akut- und Prophylaxebehandlung. Bei akuten Migräneattacken kommen in erster Linie Schmerzmittel und spezifische Migränemittel zum Einsatz. Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Naproxen helfen bei leichten bis mittelstarken Attacken. Bei schwereren Fällen werden sogenannte Triptane verordnet – Substanzen, die gezielt an Serotoninrezeptoren wirken und die übermäßige Gefäßreaktion im Gehirn bremsen sollen.

Für Patient:innen mit sehr häufigen oder besonders belastenden Attacken stehen verschiedene Medikamente zur Vorbeugung zur Verfügung. Dazu zählen Betablocker, Antiepileptika oder trizyklische Antidepressiva. Seit einigen Jahren gibt es außerdem monoklonale Antikörper gegen das CGRP-Molekül (Calcitonin Gene Related Peptide), das eine zentrale Rolle bei Migräneanfällen spielt. Diese neueren Medikamente sind gut wirksam, aber sehr teuer und nicht für alle Patientengruppen geeignet.

Trotz aller Fortschritte zeigt die Erfahrung: Viele Patientinnen und Patienten suchen nach einer ergänzenden oder alternativen Herangehensweise. Denn Medikamente können zwar die Symptome lindern, greifen aber nicht an der Ursache der Migräne an. Hinzu kommen mögliche Nebenwirkungen und eine teils eingeschränkte Wirksamkeit – vor allem bei chronischer Migräne.

In der schulmedizinischen Versorgung richtet sich die Behandlung vor allem auf:

Akutmedikation

  • NSAR: Ibuprofen, Naproxen
  • Triptane: Sumatriptan, Rizatriptan (gezielte Migränemedikation)
  • Antiemetika: Gegen Übelkeit und Erbrechen

Prophylaxe (vorbeugend)

  • Betablocker
  • Antiepileptika
  • CGRP-Antikörper (monoklonal) – neuere, gezielte Migräneprophylaxe
  • Hormonregulation bei zyklusabhängiger Migräne

💡 Viele Medikamente zeigen Wirkung – aber auch Nebenwirkungen. Zudem beheben sie oft nicht die Ursachen de

Ganzheitliche Therapieansätze – Ursachen behandeln statt Symptome unterdrücken

Die Integrative Medizin bietet zahlreiche Möglichkeiten, Migräne auf sanfte, tiefgreifende Weise zu beeinflussen. Dabei steht nicht die reine Schmerzunterdrückung im Vordergrund, sondern das Erkennen und Regulieren von Auslösern, Spannungsmustern und körperlichen Funktionsstörungen.

Osteopathie bei Migräne – funktionelle Zusammenhänge erkennen

Die Osteopathie betrachtet Migräne nicht als isoliertes Geschehen im Kopf, sondern als Ausdruck gestörter Balance im gesamten Körpersystem. Insbesondere Verspannungen im oberen Rücken, Blockaden in der Halswirbelsäule, Fehlstellungen im Kiefergelenk (CMD) und Störungen im craniosakralen Rhythmus können die Reizverarbeitung im Gehirn beeinflussen.

Ziel der osteopathischen Behandlung ist es, durch manuelle Techniken Spannungen abzubauen, die Durchblutung zu verbessern und das Nervensystem zu entlasten. In der Praxis haben sich besonders craniosakrale Techniken, die Mobilisation der oberen Halswirbel sowie viszerale Impulse im Bereich von Leber und Magen bewährt. Viele Patientinnen berichten nach wenigen Sitzungen über eine Reduktion der Anfallshäufigkeit und eine verbesserte Lebensqualität.

Behandlungsansätze:

  • Mobilisation der Halswirbelsäule
  • Entlastung des Kiefergelenks (CMD)
  • craniosakrale Therapie zur Regulation des Nervensystems
  • viszerale Techniken zur Unterstützung der Verdauungsorgane (z. B. Leber, Magen)

👉 Mehr dazu: Osteopathie bei Kopfschmerzen

Ernährung und Mikronährstoffe – Stoffwechsel ins Gleichgewicht bringen

Ein unterschätzter Faktor bei Migräne ist die Rolle des Stoffwechsels. Studien zeigen, dass Migränepatienten häufig niedrige Magnesiumwerte, oxidativen Stress oder Mitochondrienstörungen aufweisen. Hier kann eine gezielte orthomolekulare Therapie helfen.

Wichtig sind unter anderem:

  • Magnesium (z. B. als Magnesiumcitrat): entspannend auf Muskulatur und Nerven
  • Vitamin B2 (Riboflavin): kann in hoher Dosierung die Häufigkeit von Migräneanfällen senken
  • Coenzym Q10: verbessert die zelluläre Energieversorgung
  • Omega-3-Fettsäuren: entzündungshemmend und nervenschützend

Zudem empfiehlt es sich, individuell unverträgliche Lebensmittel zu meiden – etwa histaminreiche Produkte, Tyramin (in reifem Käse) oder künstliche Zusatzstoffe wie Aspartam. Eine strukturierte Eliminationsdiät mit anschließender Re-Integration kann hier Klarheit schaffen.

Entspannungstechniken – das autonome Nervensystem stärken

Ein überaktives vegetatives Nervensystem gilt als zentrale Schwachstelle bei Migräne. Umso wichtiger ist es, die „innere Bremse“ wieder aktivieren zu lernen. Das gelingt durch Techniken wie:

  • Progressive Muskelentspannung nach Jacobson
  • Autogenes Training
  • Atemübungen (z. B. 4–7–8 Atmung)
  • Yoga oder Tai Chi

Langfristig wirksam sind auch achtsamkeitsbasierte Methoden wie MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction) oder regelmäßige Meditation. Ziel ist nicht nur die Entspannung im Moment, sondern die Senkung der neuronalen Überempfindlichkeit.

Migräne bei Frauen – Hormone und Migräne verstehen

Besonders Frauen leiden häufig unter zyklusabhängiger Migräne. Die hormonellen Schwankungen vor der Menstruation – insbesondere der Abfall des Östrogenspiegels – gelten als typischer Trigger. Auch hormonelle Verhütungsmittel wie die Pille können Migräne verstärken oder auslösen.

Möglichkeiten der Regulation:

  • hormonfreie Verhütung (z. B. Kupfer oder symptothermale Methode)
  • pflanzliche Unterstützung (z. B. Mönchspfeffer, Frauenmantel)
  • osteopathische Techniken im Beckenbereich zur hormonellen Balance

Wichtig ist eine gute Zyklusbeobachtung und ein offenes Gespräch mit Fachpersonen – denn nicht jede Migräne bei Frauen ist automatisch hormonell bedingt.

Migräne bei Kindern – kindgerechte Diagnostik und Behandlung

Auch Kinder können Migräne entwickeln – oft mit anderen Symptomen als Erwachsene. Häufig äußern sich die Attacken in Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit, Lichtempfindlichkeit oder Reizbarkeit. Viele Kinder ziehen sich zurück oder wirken ungewohnt müde. Eine frühe Diagnose ist entscheidend, um Schulprobleme, soziale Isolation oder Ängste zu verhindern.

Die Behandlung erfolgt altersgerecht – mit sanfter Osteopathie, Entlastung der Sinnesreize, Aufbau fester Routinen und ggf. psychologischer Unterstützung. Eltern sollten Migräne bei Kindern ernst nehmen und nicht als „Ausrede“ abtun.

Wann ärztliche Abklärung wichtig ist

Bei folgenden Warnzeichen sollte unbedingt eine fachärztliche Diagnostik erfolgen:

  • Plötzlicher, sehr starker Kopfschmerz („Donnerschlag-Kopfschmerz“)
  • Neurologische Ausfälle wie Lähmungen oder Sprachstörungen
  • Migräne erstmals nach dem 40. Lebensjahr
  • Zunehmende Häufigkeit oder Dauer der Anfälle
  • Begleitende Sehstörungen, die sich verschlechtern

In unserer osteopathischen Praxis in Hamburg legen wir großen Wert auf klare Indikationsgrenzen und verweisen bei Bedarf an neurologische Fachkolleginnen und -kollegen.

Fazit: Migräne ganzheitlich verstehen – und gezielt behandeln

Migräne ist eine vielschichtige Erkrankung, die sich nicht mit einem einzigen Medikament dauerhaft lösen lässt. Wer langfristig Linderung sucht, braucht ein individuell abgestimmtes, ganzheitliches Konzept. Die Kombination aus osteopathischer Behandlung, Nervensystemregulation, Ernährungstherapie und Stressreduktion eröffnet neue Wege – ohne Nebenwirkungen, dafür mit nachhaltigem Erfolg.

👉 Weiterführend: Osteopathie und Neurologie